Die autobiographischen Texte kreisen alle um das Leben mit der Krankheit. Sie spannen einen Bogen von der Mofafahrt, die den Ausgangspunkt markiert, über den ganzen Zeitraum der Krankheitsgeschichte, um am Schluß wieder bei dieser ersten Mofafahrt zu enden. Der in der ersten Erzählung angedeutete Unfall mit dem Mofa findet in der letzten seine tragische Vollendung. Insofern ist der Untertitel einer „Chronik“ irreführend, denn es gibt keine lineare Erzählhandlung.
Krankheit und Tod: In der (westlichen) Gesellschaft ist das ein nach wie vor tabuisiertes Themenfeld. Die Obermacht des körperlich „Gesunden“ und der öffentliche Zwang zur Leistungsfähigkeit, zum „Funktionieren“, prägen unser Verhältnis zum Körper. Da verstören die sehr persönlichen Erzählungen eines Kranken. Er stößt uns mit den Berichten an unsere Denkgrenzen: Wie mit einer Krankheit im Alltag umgehen, sie als unabänderliche Lebenswirklichkeit begreifen? Wie sehr er von seinem Körper abhängt, muß auch der Autor erst akzeptieren lernen. Die Krankheit bestimmt seine Beziehung zu Zeit und Raum. So beispielsweise, wenn die Leistung eines Mofas nach den körperlichen Bedürfnissen berechnet und die Tankfüllung mit einer Dialyse-Bauchfüllung verglichen wird (S. 22). Nach der Nierentransplantation scheint ein „normaler“ Alltag wieder möglich zu sein. Das Ausblenden des körperlichen Nicht-Funktionierens hat aber Folgen: Der Körper stößt die Niere ab, es drohen Herzinfarkt oder Hirnschlag, die Kortisonkur wirkt sich psychisch negativ aus, eine Lungenentzündung kommt dazu, dann die Trennung von der Freundin.
Es liest sich wie ein Horrortrip. Was das Buch aber ausmacht, sind der Lebenswille und Lebensmut des Autors, der sich nicht unterkriegen läßt, sondern mit seiner Krankheit zu leben lernt und trotzdem das Leben, auch das Liebesleben, genießt. Und er behält die Vergänglichkeit stets im Blick, setzt sich mit Vorstellungen vom Tod auseinander, dem er seinen Schrecken nimmt. Die Leser werden nicht zu mitleidenden Voyeuren eines körperlichen Verfalls, sondern nähern sich über die Erzählungen an eine selten thematisierte körperliche Realität an.