Manfred Chobot, im Wiener Dialekt („Kumm haam in mei Gossn“, 2000) genauso zu Hause wie am Highway 101 in San Francisco („Ansichtskarten“, 1997), nähert sich dem lyrischen Kosmos Roms einerseits mit dem aufgeregten Staunen eines Goethe, weshalb er auch ungeniert den gleichen Titel wie der Klassiker verwenden kann, andererseits schickt er ein lyrisches Ich vom Kaliber eines Allen Ginsberg durch die ewige Stadt, was den Zeitbegriff gehörig erweitert.
Vielleicht ist gerade deshalb die Zeile vom Autohändler so einleuchtend, denn die Ewigkeit der Liebe wird mit den Index-Werten des Autohandels gewertet.
Der Untertitel „69 und 6 ein/stellungen // zur liebe“ legt einen verwirrenden Begriffsteppich vom Kamasutra bis hin zu Stellungsproblemen in der Semantik aus. Wer sich alleine nicht auf diesen Laufsteg der Annotationen traut, sei auf das liebevoll-präzise Nachwort von Jeanne Benay verwiesen.
Die Stadt Rom zieht sich mit all ihren Begriffsfeldern durch die Gedichte. Es beginnt mit dem Text „roma – amor“, der pragmatisch optimistisch endet: „begießen wir die liebe daß / sie wachsen möge“. (S. 7)
Die Sage von Romulus und Remus, der Hauptbahnhof (stazione termini) mit seinen vollen Koffern und leeren Gesichtern, die Hügel, die sich nur von der Ferne schätzen, aber nie gleichzeitig alle besteigen lassen, die Überquerung des Tibers sind Assoziationsmöglichkeiten für den Leser, an denen er sich mit seinen eigenen Rom-Erlebnissen oder -Visionen in den Text einloggen kann.
Das zentrale Thema der Liebe und der Unmöglichkeit, die Liebe halbwegs mit Sinn zu Ende zu kriegen, setzt sich zwischendurch von Rom ab und streift mitten im Gebirge etwa die sagenhafte Frau Hitt, Sinnbild für Versteinerung in jeder nur erdenklichen Form.
Während das Gelände groß wird wie die gesamte Erdoberfläche, wird der Blick immer konzentrierter und rekrutiert aus kleinen Begebenheiten große Thesen.
„hinter dem ohr erkennst du / zuerst eine jungfrau“ (S. 43), heißt so ein Satz aus dem kurzen Blickwinkel, mit dem man in jeder Disco Aufsehen erregt.
Die Römischen Elegien sind ein Leseerlebnis, das sich nicht einfach zuklappen und abstreifen läßt. Die Themen sind nämlich bewährt zeitlos, die Form ist aktuell aufregend und der Geist Manfred Chobots gleicht dem eines Schamanen, der seine Heilkraft über Internet verschicken kann.