Der zugrundeliegende Kultur-Begriff ist weit gefaßt, die Sachgebiete Architektur, bildende Kunst, Literatur, Musik, Theater, Volkskultur und Wissenschaft sollen annähernd ausgewogen repräsentiert sein. Der Band gibt Auskunft über Gärten und Brunnen in Salzburg, über Gebildbrot und Gewürzsträußl, die Tradition der Hafnerkunst und das Hotel Europa als erstem Salzburger Hochhaus, über das Verlagswesen ebenso wie über den Volkstanz oder – in einem sehr informativen längeren Beitrag von Christian Strasser – über die Filmgeschichte in Salzburg. So steht die Hochkultur einträchtig neben der Volkskultur, und die Eintragungen zu diesem Thema sind durchaus lesenswert. Beginnt man zu blättern, stößt man rasch auf das Stichwort „Adventsingen, Salzburger“ mit einem Verweis auf seinen Gründer, den Metzgermeister und Volksmusikanten Tobias Reiser, der sich fast Breugelsch „d. Ä.“ titulieren läßt. Er begründete das Salzburger Adventsingen im Jahr 1946, nachdem er ein knappes Jahr vorher seiner zahlreichen NS-Ämter enthoben worden war. Das ist eine ähnlich bündige Zusammenfassung der Geschichte der Entnazifizierung in Österreich wie die Schlußworte des Eintrags zu Erna Blaas: „Wegen Ihrer Mitwirkung im NS-Kulturbetrieb Verbot ihrer Werke 1945-48. Trakl-Preis 1957“. Beim kurz geratenen Eintrag zum „Haus der Natur“ wird auf einen historischen Blick in die jüngste Vergangenheit allerdings immer noch verzichtet.
Nicht immer scheint die Gewichtung der Einträge ganz ausgewogen. Es ist etwas verwunderlich, daß das Stichwort „Bauernmöbel“ mit fast drei Spalten umfangsmäßig in etwa der Länge der Eintragungen zu Thomas Bernhard, Peter Handke oder Michael Haydn entspricht. Das Stichwort „Weihnachtsbräuche“ ist mit fast sieben Spalten gar mehr als doppelt so lang ausgefallen, wohingegen alle Galerien Salzburgs zusammen mit nicht ganz zwei Spalten auskommen müssen. Bibliothek scheint es in Salzburg nur eine zu geben, zumindest wird hier nur auf die Universitätsbibliothek verwiesen. Verwunderlich auch, daß Günter Eich knapper abgehandelt wird als sein Sohn Clemens.
Ausschlaggebend für die Aufnahme von Stichworten ist natürlich der Salzburg-Bezug. und da sind die Herausgeber sehr großzügig, was das Lexikon durchaus um eine Reihe von Marginalien und Kuriosa bereichert. Nachgelesen kann hier also nicht nur über all diejenigen Persönlichkeiten werden, die mit Salzburg in der einen oder anderen Form untrennbar verbunden sind, wie Mozart, Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt, Clemens Holzmeister, Georg Trakl, Stefan Zweig, Karl Waggerl oder Johann Michael Rottmayr. Man kann in diesem Buch darüberhinaus auch erfahren, daß Friedrich Achleitner hier das Gymnasium besucht hat, Rilke als Schüler eine Solekur in Salzburg machen mußte, daß George Saikos Roman „Der Mann im Schilf“ in Salzburg und Umgebung spielt und die Reisegesellschaft in Fritz von Herzmanovskys Roman „Rout am Fliegenden Holländer“ einen Ausflug ins Halleiner Salzbergwerk unternimmt. Auch Goethe, der nie nach Salzburg gekommen ist, fehlt nicht. Zwei Xenien nehmen Gottlob bezug auf Salzburg, für „Hermann und Dorothea“ gibt es eine Salzburger Vorlage aus der Zeit der Vertreibung der Lutheraner 1734, und von Gastein bestellte Goethe gar Mineralien für seine Sammlung. Kurzbesuche vor allem im Rahmen der Festspiele sind von vielen Prominenten verzeichnet, selten dürften sie so tragisch geendet haben wie bei Albert Camus, von dem uns berichtet wird, daß während des Salzburg-Besuchs im Jahr 1936 seine Ehe endgültig in die Brüche ging. Hier wären nähere Informationen, was den ursächlichen Zusammenhang mit der Stadt Salzburg betrifft, spannend gewesen.
Gegenüber der ersten Ausgabe gibt es zahlreiche neue Einträge. Sie betreffen etwa AutorInnen der jüngeren Generation wie Max Blaeulich, Erwin Einzinger, Karl-Markus Gauß, Ludwig Laher, Dorothea Macheiner, Gudrun Seidenauer, Winfried Steiner, Wolfgang Wenger oder O. P. Zier. Graf Ladislaus Almásy hat sich über den Erfolgsfilm „Der englische Patient“ ins Lexikon eingeschrieben und Heinz G. Konsalik, der von 1989 bis zu seinem Tod 1999 in Salzburg gelebt hat, durch seinen Nachlaß, der an das Salzburger Literaturarchiv ging.
Einiges ist auch weggelassen worden, was im einzelnen nicht immer ganz verständlich ist und von den Herausgebern im knappen Vorwort auch nicht angesprochen wird. Einsehbar und positiv ist sicherlich die Reduktion der Themenkomplexe Mozart und Festspiele, die lange Zeit die Sicht auf die übrige Kulturlandschaft verstellten. Mozart etwa ist von 17 Seiten (inklusive eigenem Bildteil) auf konzise 6 Seiten zusammengeschrumpft. Warum aber Paul Angerer (u. a. war er 1968 bis 1972 Opernchef am Salzburger Landestheater) oder Otto Julius Bierbaum, der in der ersten Auflage noch mit seinem Gedicht „Im Schloß Mirabell“ gewürdigt wurde, wegfallen mußten, ist nicht wirklich nachzuvollziehen.