Fiktive weibliche Schicksale prägten den experimentellen Erzählband „Road Movies“ (1998). In konsequenter Kleinschreibung und aus ungewohnten Perspektiven wird in neun „Versuchen“ vom Aufbruch einer Protagonistin erzählt. Den weiblichen Realitäten wandte sich Balàka in dem nur 33 Seiten starken Essay „Messer“ (2000) zu, einer wütenden Kampfschrift gegen die Beschneidung der Körper durch die Schönheitsindustrie und den Zwang zur Attraktivität. Darin legte sie die Paradoxien einer Gesellschaft offen, die sich einerseits über Genitalverstümmelung in Afrika empört, Frauen jedoch andererseits den „freiwilligen“ Gang zum Chirurgen nahelegt. Ihr Können im klassisch-realistischen Erzählen bewies Balàka in dem Erfolgsroman „Eisflüstern“ (2006), einem Glanzstück über die langsame Heimkehr eines Kriegsgefangenen nach dem Ersten Weltkrieg in den „Schrumpfkopf von einem Land“ namens Österreich. Das historische Setting ist hier kunstvoll mit einer Krimihandlung unterlegt.
Jetzt also Schaumschluchten, ein kleiner Lyrikband mit rund 50, meist langstrophigen und kurzzeiligen Gedichten, für die wohl Rilke und Trakl, Celan und Bachmann als legitime Ahnen gelten können. Es ist bezeichnend für Balàkas Gedichte, dass sie keine Titel haben, die eine bestimmte Lesart vorgeben würden. Stattdessen entfaltet jedes sprachliche Element darin gleichsam sein eigenes anarchistisches Potenzial. Die einzelnen Energiefelder setzen sich nicht zu einheitlichen Bildern zusammen. Das Ergebnis sind einerseits Fragment und Disparatheit, andererseits Synthesen und Metamorphosen – irritierende Verse von hoher Sprachmagie, die einem noch lange nachgehen.
Teilweise spinnt Balàka Ideen und Motive aus früheren Büchern fort. Wie im Gedichtband „Dissoziationen“ (2002) vermischen sich Tier- und Pflanzenwelt, entstehen merkwürdige organische Zwischenwesen und -welten. Überhaupt durchdringen sich oft Orte und Zeiten. Venedig ist nicht weit vom Pandschab und durch die Alpenschluchten spazieren Dromedare. Auch die Zombies der Schönheitsindustrie sind vertreten. Sie irren wie Gespenster durch eine Welt der Auslagen: „und die Mädchen tragen rote Lack-Overalls/ und blonde Perücken/ und unter der dunklen Brille/ sind die Katzenaugen/ frisch operiert (…) und die Frau/ hinter dem weiß-goldenen Ladentisch/ kennt ihre Narben, Einstiche, Stürze/ sie hilft bei der Verkleidung/ und schweigt.“ Der Glamour der Waren spiegelt sich negativ in den Folgen industrieller Produktion: „die Suppennudeln werden/ zur Abschreckung ins pneuhaltige Flusswasser getaucht“.
In vielen Gedichten verströmt die Historie mit ihrem verblichenen Glanz und Gloria einen giftigen Hauch. Die Bilder changieren dann zwischen Fürstengruft und Massengrab, warten mit blutgetränktem Brokat, zerrissenen Fahnen und eingedrückten Brustkörben auf. Es gibt Anspielungen auf die bildende Kunst, etwa auf Alfred Kubins personifizierten „Krieg“. Und immer wird bei Balàka die Aura ‚großer Geschichte‘ am Schluss profaniert. „Der alte Kaiser/ der zwischen seinen Hirschköpfen/ und Jagdtabellen aufgebahrt liegt/ hält einen Tannenbruch/ eingeklemmt zwischen der Brust/ und den Händen// ein fremder Fürst/mit gehörntem Kuhhelm/ stapft durch ein unbesiedeltes Land// in den Moorleichen/ speichern sich/ die Gewässer/ihr Haar wird kupfern/ mit der Zeit// doch das alles hat/ keine Vergängnis/ denn jederzeit fischt jemand ein Foto/ aus der Gefriertruhe/ und riecht/ den eingefrorenen Fisch“. Geschichte wird zur Legende, geht in Sagen, Mythen und Märchen über, vermischt sich mit Motiven aus Fantasy- und Horrorfilmen. Ein Ritter zieht auf seinem mageren Klepper einsam durch ein wüstes Land, Männer mit Brustpanzern halten auf Türmen Wache und zerbombte Ruinen dräuen im gar nicht romantischen Sonnenuntergang. Die Geschichte wird ins Säurebad der Erkenntnis getaucht. Als Relikte dynastischer Abenteuer bleiben Verfall und Verwesung: „da hat jemand Geschichte gemacht/ da sind saure Äpfel fallengelassen worden/ und unter die Fingernägel/ bohrt sich der Wurm“.
In einigen Gedichten wird – wie im sanften Nachschwingen einer verlassenen Schaukel – die Anwesenheit von Kindern spürbar. Doch auch hier gibt es keine Unschuld oder gar Authentizität. Die Feen sind bezahlte „Filmschauspielerinnen“ und vor den lustig-bunten Fliegenpilzen muss dringend gewarnt werden, wenn sie aus „Fliegenfleisch“ sind. Pixie-Büchlein schützen nicht vor dem Tod und Elternschaft ist eine ambivalente Sache. In zwei nebeneinander gesetzten Gedichten werden die – doch so unterschiedlichen – Zwillingsschicksale werdender Mütter und werdender Väter verglichen. Höchst ironisch erscheint die körperliche Veränderung der Schwangeren als Wandlung zum Werwolf. Dagegen „brüten“ die von Fluchtphantasien getriebenen Väter in spe „über Geldscheinen“ und „kaufen sich neue Stereoanlagen/ um sie zu bemuttern“. Manchmal, selten, schreibt diese vielesitige Autorin aber auch ganz direkt und fast volkstümlich. In einem schwungvollen und witzigen Gedicht wird ein chimärenhafter Teufel zum sympathischen Playboy: „Der Teufel/ trägt einen Fuchskragen/ und fährt ein/ fuchsteufelswildes Gespann/ und ist auch selber/ ein recht junger Fuchs/ mit glänzenden Hosen aus Leder/ (die nachts Flaum und Borsten austreiben)/ mit schmutzigen Grabklauen/ (um heimkehrend tückisch/ seinen Bau zu verschaufeln)/ mit innigen Nüstern/ besinnlichen Brauen/ und einer bestimmenden Stimme/ sodass die Frauen …// die Frauen/ ihn suchen/ in Hain und Hag/ in den stillen Kapellen/ und in den Linden dahinter“