Schlagschatten erzählt die Geschichte des Heimwehrmannes Richard Wohlleben, der eher zufällig in die Ereignisse des Jahres 1934 verwickelt wird. Als persönliche Punze der allgemeinen Geschichte erhält er von seinem eigenen Bruder einen Kopfschuß, als die Nazis das Rundfunkgebäude stürmen, das er als Heimwehrmann sichern soll.
Die Erzähltechnik Alois Vogels wird angemessen als „assoziative Retrospektive“ bezeichnet, das heißt, die Erzählung hält sich nicht an den üblichen Ablauf der Zeit, sondern an die Erregung, die die Erinnerung in den Figuren auslöst. Wie ja auch Zeit- und andere Zeugen primavista ihre persönliche Ordnung der Gedanken wiedergeben und nicht jene, die einem Unbeteiligten vielleicht logisch erscheinen würde.
Im Roman Schlagschatten wird aus Gründen der historischen Pluralität die Handlung auf drei Hauptfiguren aufgeteilt, die den Kampf um die Vorherrschaft in Österreich jeweils aus ihrer Perspektive beschreiben. Die Erkenntis ist schrecklich, – während einander Heimwehrler und Schutzbündler als Feinde betrachten, schleicht der eigentliche Feind durch die Illegalität ins Land: die Nazis werden viel zu spät wahrgenommen. Die Fronten verlaufen quer durch die Familien, und die politischen Handlungen sind jeweils von größter Irrealität getrieben. Als Leser ist man von Beschreibungen des Lebens des kleinen Mannes beeindruckt, die Idylle einer Försterei steht dem Fortschritt im Karl-Marx-Hof gegenüber, der nach dem Sieg der Diktatur in Heiligenstädter Hof umbenannt wird. Geruch von Harz, Geräusche von Föhren, das Ein- und Auspacken einer Jause vermitteln mannigfaltig Eindrücke, mit denen man als Leser vermutlich die Dreißiger Jahre künftighin verbinden wird. Das Private ist das Öffentliche, hat das Motto der Alternativen in den Siebzigern gelautet, in den Dreißigern müßte es wohl heißen, das Öffentliche zerstört das Private.
Der zweite Roman, Totale Verdunkelung, spielt im Jahre 1945 in Wien, wo die Protagonisten aus dem ersten Roman eine Luftabwehr aufbauen sollen, ehe sie nach der Befreiung Österreichs überhaupt Österreich aufbauen. Bedrückend ist aus heutiger Sicht die Sprache des Nazi-Regimes, die militärisch, totalitär und sarkastisch bereits in der Semantik jeden humanitären Ansatz vernichtet. Der Feind sitzt naturgemäß nicht an der Front, sondern in Gestalt jedes möglichen Nachbarn im Hinterland, denn die Denunziation ist zum größten „Volkssport“ geworden. Gerade dieses Vernadern um eines kleinen Vorteiles willen ist in Österreich eine verläßliche Konstante des Zusammenlebens; während einer totalitären Herrschaft wird dieses System natürlich tödlich.
Alois Vogel erzählt unspektakulär, unaufdringlich und undogmatisch. Und gerade diese verhaltenen Bilder wirken auf Dauer gesehen am heftigsten. Man liest sich in die Schicksale hinein, läßt die Dialoge Revue passieren, und plötzlich ist es da, das dichte Bild des Augenblicks aus einer vergangenen Zeit. Wenn man die wichtigen Roman-Autoren, die über die Erste Republik geschrieben haben, aufzählt (etwa George Saiko, Heimito von Doderer, Ludwig Roman Fleischer), sollte man Alois Vogel nicht vergessen.