Zehn Jahre lang hatte Viktor Escher keinen Kontakt zu Carlo Morwitz und dessen Halbschwester Margot, nämlich seit dem Tod seiner Frau Cosima, Margots Zwilling. Nun aber ist Morwitz umgekommen, noch dazu starb er keines natürlichen Todes, sondern wurde ermordet. Zu Lebzeiten ein Exzentriker par excellenze, war Carlo Museumsleiter mit einem ganz eigenen Kunstbegriff, dazu noch launisch und verachtend im Umgang mit Menschen, die er benutzte oder fallen ließ, wie es ihm beliebte. Einen Namen machte er sich nicht durch exquisite Ausstellungen, sondern er sorgte mit so genannten Events für die notwendige Aufmerksamkeit, machte sein Museum auch bundesweit bekannt. Die Performances konnten nicht schräg und geschmacklos genug sein.
Und dieser Mensch wird nun ermordet aufgefunden, auch sein Tod eine Groteske: Nackt liegt er in seinem Museum, das Gesicht in den Fettstuhl von Beuys gedrückt, sein ihn immer begleitendes Äffchen ebenfalls tot, es wurde erstochen. Relativ schnell stellt sich heraus, dass Morwitz auch in seinem Liebesleben der Eigentümlichkeit frönte: so bietet er noch im Tod Stoff für alle Gazetten, ist Stadtgespräch, eröffnen sich weitere mögliche Mordmotive.
Escher, der seit dem Tod seiner Frau zurückgezogen von der Welt in seiner Villa lebt, folgt einer Einladung Margots, sie und ihre Gesellschafterin zu besuchen und ihnen beizustehen. In den letzten zehn Jahren beschränkten sich Eschers soziale Kontakte weitgehend auf die Haushälterin Marie, die ihn schon großgezogen hat, auf den Stammtisch, den er ab und an in einer Arbeiterkneipe aufsucht und auf die Gespräche mit seiner toten Frau, die ihm in Form einer ihr perfekt nachgebildeten Puppe am Esstisch – und nicht nur dort – Gesellschaft leistet. Bald glaubt Escher, sein Leben zurückdrehen zu können, indem er seine Schwägerin, das Ebenbild Cosimas, heiratet.
Die Hauptprotagonisten in Grills Roman sind allesamt bunt schillernde Vögel, weil extremst bizarr. Was sich wie eine Satire auf den modernen Kunstbetrieb am Beispiel Mannheims, das in der Tat Probleme mit einem inzwischen gewesenen Museumsleiter hat, lesen könnte (der Name der Stadt wird nicht genannt, doch wer Mannheim kennt, kann die deutlichen lokalspezifischen Bezüge nicht überlesen), bleibt letztendlich dann doch im Versuch stecken. Warum?
Zu Beginn erwartet man vom Roman noch viel schwarzen Humor. Doch im Lauf der Lektüre stellt sich heraus, dass keiner der Protagonisten in seinem Gesamtbild glaubhaft gezeichnet ist, das Satiremerkmal der Überzeichnung wurde überstrapaziert. Die berechtigte Kritik an einem auf Sensation ausgerichteten Kunstbetrieb wird so im Keim erstickt. Die Figuren haben zwar Saft, weil so außergewöhnlich, aber sie bleiben dennoch kraftlos. Der eine Satire begleitende Witz kommt nicht ausreichend zur Geltung. Es bleibt bei einzelnen Schmunzlern, der Funke springt nicht auf das gesamte Buch über. Im Gegenteil, manche der bizarren Verhaltensweisen sind im Grunde widerlich, hinterlassen einen üblen Nachgeschmack. Leider, und das hat viel mehr Relevanz, überdecken sie aber auch die kritische Betrachtung des Kunstbetriebes, drängen sie sich im Lese-Gedächtnis doch zu sehr in den Vordergrund.