Das Buch hat kaum Handlung. Geschildert werden alltägliche Verrichtungen wie Einkaufen, Kochen, kleinere Reparaturen am Haus, die Stefan vornimmt. Von ihm erfährt man wenig. Er hatte seinen Schulalltag wohl leidlich satt und nach einem Ausstieg gesucht. Von einem Buch, das er schreiben will, ist mehrfach die Rede, aber er kommt nicht dazu. Stattdessen beobachtet er das Leben der italienischen Nachbarn, vor allem das Marios und seiner Familie, nimmt selber Anteil an ihren Freuden und Schicksalsschlägen. Doch selbst diese scheinen gedämpft in der toskanischen Luft, wo das Leben noch einen archaischen Charme hat, wo sterben und gebären zum Leben selbst und nicht zu dessen Notfallgegenden gehört. Stefan hatte vor seiner Reise in die Toskana eine Lebensgefährtin, Monika, doch der Kontakt zu ihr bricht immer mehr ab. Es scheint so, als wäre da ohnehin nicht mehr viel zwischen ihnen da gewesen, und mit der Distanz wird dieses Wenige immer noch weniger, bis der Faden ganz abreißt.
Einen Großteil des Buches nehmen jedoch Gespräche über Bücher ein. Bücher sind das einzige, was Seiffert mit seiner Herkunft noch verbindet. Stefan sucht das intellektuelle Gespräch mit Seiffert. Er erfährt von ihm viel über italienische Bücher, über seltene Ausgaben und Übersetzungen. Jean Pauls Selina wird dabei zu einem veritablen Intertext. Das hat für weniger bibliophile Leser vielleicht etwas Betuliches, aber irgendwie passt diese trockene Bücherwelt zu Kappachers literarischem Kosmos, stellt er doch eine Gegenkultur zur genießerisch-sinnlichen toskanischen Lebensart dar. So vermählt sich das Deutsche gewissermaßen mit dem Italienischen; obwohl das vielleicht etwas klischierte Vorstellungen sind, gegen die ganze Generationen von Italien bereisenden Schriftsteller vergeblich angeschrieben haben.
Nach Seifferts Tod wird sich Stefan der Lücke, die dieser in sein Leben schlägt, bewusst. In einem posthumen Zwiegespräch gesteht er: „Nie hab ich dir gesagt, wie viel mir die Bekanntschaft, ich wage nicht zu sagen, Freundschaft, mit dir bedeutete; das lag daran, daß ich – bei allem Wohlwollen deinerseits – doch manchmal auch etwas Distanzhaltendes spürte; erst bei meinem letzten Besuch ließest du etwas mehr Nähe zu.“ Das ist zweifellos edle Gelehrtenprosa, zugleich Empfindsamkeit jeanpaulscher oder stifterscher Manier. Kein Wunder, daß Peter Handke einer der verehrungsvollsten Befürworter Kappachers ist. Sicher sind solche Herzensoffenbarungen nicht jedermanns Geschmack; doch wer ein Buch lesen will, das jenseits jeglicher Zugeständnisse an den Zeitgeist doch von unserer Zeit und den Fragen, die sie an den Einzelnen stellt, handelt, dem sei Kappachers Buch ans Herz gelegt.