Wolf Haas hat sich mit seinem eigenwilligen Stil, seinen halbfertigen Sätzen mit den aberwitzigen, skurrilen, verschmitzten, Haken schlagenden Gedankensprüngen eine große Fangemeinde geschaffen. Die Ideen sprühen auch in seinem neuesten Buch. Sein Verfahren hat Methode – der Autor holt sich gängige Klischees aus dem Sack, um sie im Plauderton so ganz nebenbei ad absurdum zu führen, oder öfter noch um sie augenzwinkernd in janusgesichtige Wahrheiten zu verkehren.
Das hast du jetzt aber schön gesagt, das mit Stil und janusgesichtig. Wenn auch eine Spur salopp. Salopp wär jetzt gut im Urlaub oder an der Bar, da ist salopp sogar ein Pluspunkt. Da wär sogar dem Brenner geholfen.
Herr Haas, halten Sie sich da raus. Ich versuche gerade eine seriöse und durchaus lobende Kritik über Ihr neues Buch zu schreiben.
Durchaus lobend ist gut, sehr gut sogar, frage nicht. Weil lobend immer gut für die Seele. Weil auch ein Krimiautor hat Seele.
Ja, ja, schon gut. Also, bei „Wie die Tiere“ geht es um einen perfiden Hundekiller, der im Wiener Augarten sein Unwesen treibt. Simon Brenner, der bekannte Privatdetektiv, …
„Perfider“ Hundekiller ist auch gut. Das trifft ins Herz. Und einen Wiener muss man ins Herz treffen. Du weißt schon, das berühmte Wiener Herz. In Wien geht ja nichts ohne Herz. Wien ist quasi berüchtigt für sein Herz.
Danke, Herr Haas. Danke, aber haben Sie nicht was Besseres zu tun, als gerade in diese Kritik hineinzugeistern?
Nun, wenn du es genau wissen willst, nein. Weil der Hundefall ist gelöst. Der Brenner hat auch nichts mehr von sich hören lassen, die Manu Prodinger ist tot und auch die Frau Hartwig. Da kann man schon ein wenig depressiv werden.
Ja, aber Ihre Geschichte ist doch nicht so einfach. Die Lösung des Hundefalls ist doch das reinste Kinderspiel, wenn man die Verstrickungen dahinter betrachtet. In Ihrer Geschichte geht es ja auch und vielleicht vor allem ums liebe Geld. Ausgangspunkt ist das verrückte Testament einer reichen Frau, die ihr gesamtes Vermögen ihrem Hund unter gewissen Bedingungen hinterlassen hat. Da gibt es den enttäuschten und rachsüchtigen Erben, dann Frau Hartwig, die Verwalterin des Vermögens und Besitzerin eines Tierheims, einen Wiener Bordellbesitzer, der seine Finger in allerlei schmutzigen Geschäften stecken hat, und last but not least den Sohn der Amtsärztin, die dem Brenner die Frühpension verschaffen soll, einen gescheiterten Architekten, dessen größenwahnsinniger Traum es ist, einen der beiden Augarten Flaktürme in ein Tierheim umzubauen – und einer von ihnen ist ein Mörder – mit Ausnahme von Frau Hartwig natürlich, die das Mordopfer ist.
Ja, ja.
Übrigens, geht denn der Brenner in Ihrem nächsten Krimi tatsächlich in Frühpension?
Nun, da müsste ich jetzt ein wenig ausholen, quasi in die Kindheit des Brenner …
Nein, das wär zuviel, Herr Haas! Lieber nicht.
Aber…
Nein. Bitte, nicht. Lassen S‘ mich lieber in Ruhe…
Da hast du jetzt aber einen Schnitzer gemacht. Weil es heißt immer noch „Silentium“.
Aber das ist eine andere Geschichte.